Regionales: Um die Jahrtausendwende gab es noch kein Italien im heutigen Sinne.
Norditalien, zu dem Genua gehörte, war in das Königreich der Lombardei, die Toskana und die Republik Venedig zersplittert. Diese Teilreiche gehörten mehr oder weniger fest zum Heiligen Römischen Reich, essentiell ein von deutschen Königen und Kaisern beherrschtes Vielvölkereich. Die Menschen sahen sich jedoch nicht einem Land zugehörig – der nationale Gedanke erwachte erst viel später. Für den gewöhnlichen Menschen kam zuerst die Familie, dann die Stadt oder Dorfgemeinschaft und schließlich der Stamm, dem man angehörte. Adlige aus dem hohen Norden des deutschen Reiches hatten Besitzungen und Verwandte in Italien und umgekehrt. Die einzige wirkliche Gemeinsamkeit war das christliche Kulturpaket, das von der Kirche und den Klöstern vermittelt wurde. Alltagsgegenstände, Baustile und Moden gleichen sich dagegen, trotz regionaler Unterschiede, von Italien bis England, von Spanien bis Polen.
Genua selbst war schon immer ein Handelsknotenpunkt. Hier trafen Waren aus den transalpinen Ländern auf Luxusgüter und Gewürze des Ostens. Die Stadt ist Bischofssitz und somit Sitz eines klerikalen Fürsten, der nichts mit den repräsentativen Geistlichen späterer Zeiten zu tun hat.
Die Städte Norditaliens sind zur selben Zeit als Erben römischer Stadtkultur Vorreiter der Stadtentwicklung Europas wie sie auch einen anderen Weg gehen: Anstelle eines Bürgertums entwickelte sich ein starker städtischer Kleinadel, auch da es inflationär viele frisch geadelte Leute gab (aufgrund der letzten Abwehrkriegen gegen die Moslems). Da diese kein Land besaßen, sondern über Handel und Geldwirtschaft ihr Prestige finden mussten, wuchsen überall Geschlechtertürme in die Höhe und bestimmen zu Dutzenden die Skyline der norditalienischen Städte. So sehr, dass Kirchen oft und häufig vergeblich versuchten, die Höhe der Türme auf die der höchsten Kirchtürme zu beschränken, um den Stolz der neureichen Adligen nicht den Ruhm Gottes überflügeln zu lassen.
Klöster hingegen waren noch völlig in ländlichen Bereichen angesiedelt. Von diesen effizient verwalteten Zentren gingen zahlreiche Neuerungen und Erfindungen in Landwirtschaft und Handwerk aus, die zu explosionsartigem Bevölkerungswachstum und zu freigesetzter Arbeitskraft führten die wiederum das Wachstum der Städte und anschwellen des dortigen Reichtums nach sich zogen. Mönchs-Bettelorden, die in den Städten predigten kamen jedoch erst deutlich später auf. Auch da immer noch 90 Prozent der Bevölkerung auf dem Land lebten und hier täglich um ihre Existenz kämpften – auch um die Abgaben an den Adel und die Klöster aufzubringen. Ihnen blieb häufig nur der Glaube an ein besseres Schicksal nach dem Tod. Andere hielt nur die Furcht vor Höllenstrafe auf Linie. Denn jeder stand genau an dem Platz, an den Gott ihn gestellt hatte. Das war jedem klar.
Überregionales: Auf europäischer Ebene gab es, neben dem Heiligen Römischen Reich noch den französischen König, aber dieser hatte nicht einmal die uneingeschränkte Macht im Gebiet um Paris. Aquitanien, Südfrankreichs, Burgund und die Normandie waren im Prinzip eigene, weitaus mächtigere Reiche. Größere Unterschiede der „Zentraleuropäischen“ Staaten gab es eher zu den zwei anderen Weltmächten, die infinit kultivierter waren und als Erben der alten römischen Hochkultur als Anrainer des Mittelmeers auftraten: das byzantinische Weltreich, um 1000 n.Chr. erneut auf einem Höhepunkt seiner Macht, sowie das Reich des Hauses des Islam. Welches jedoch heillos zerstritten war. Selbst wenn es immer noch Teile Siziliens, Süditaliens, Sardinien und Korsika besaß und seine Händler und Piraten eine tödliche Bedrohung blieben. Das mächtige Reich, welches auch das heutige Spanien (bis auf den gebirgigen Norden) beherrschte, hatte gerade seinen berühmtesten Führer verloren und im Osten die Seeherrschaft an Byzanz verloren. Zerstritten und teilweise in Flammen stehend versuchten mehrere Kalifen und Glaubensrichtungen die Macht zu erlangen – und bekämpften sich aufs Übelste. Türkische und maurische Barbaren und Sklavenkrieger aus den alten Kalifaten griffen zudem ihrerseits nach der Macht. Dieses innere Chaos ließ die christlichen Reiche immer mehr Sendungsbewusstsein entwickeln, sich die alten römischen Gebiete zurückzuholen.
In Byzanz herrschte bereits seit vielen Jahren Basileios II, der Bulgarentöter. Er wird heute als der größter und mächtigster Kaiser seiner Epoche gehandelt. In blutigen Schlachten hat seine Dynastie nicht nur die Moslems zurückgedrängt und deren Seeherrschaft beendet, sondern unternahm große Anstrengungen auch das bulgarische Reich zu zerschlagen und die Russen zum orthodoxen Christentum zu bekehren. Unter seiner Ägide expandierte und erweiterte das byzantinische Reich nach außen und stabilisierte sich auch im Inneren. Konstantinopel wurde unter ihm wieder die bedeutendste Stadt der christliche Welt und verfügte über ferne Besitzungen – auch in Sizilien und Süditalien. Mehrere italienische Städte hegten sehr enge Verbindungen zum „Besseren Rom“, galten bei den Byzantinern gar als byzantinische Kolonien und wurden durch Handelsprivilegien im östlichen Mittelmeer reich und mächtig.